1. September 2023

Unser Abschiedsbrief – Wir stellen die elinor Plattform ein

Diese Entscheidung ist uns alles andere als leichtgefallen. Wir sind für eine zivilgesellschaftliche Infrastruktur zur gemeinschaftlichen Geldverwaltung angetreten, weil wir wissen, dass ihr und viele andere Gruppen für eure Aktivitäten genau eine solche Lösung braucht. Aber in den letzten Monaten haben sich immer mehr öffentliche Stellen dagegen positioniert. Darum müssen wir mit schwerem Herzen die elinor Plattform einstellen.

Wir haben gehofft, diesen Text niemals schreiben zu müssen. Dass diese Entscheidung eure Projekte, eure Aktivitäten und euer Engagement ausbremst, tut uns besonders leid. Das Angebot von elinor war aber so ungewöhnlich, dass unsere Arbeit in den letzten Monaten von Auseinandersetzungen mit einer ganzen Reihe von öffentlichen Stellen geprägt war. Das hat unsere Handlungsfähigkeit erstickt. Als Start-up konnten wir das nicht länger durchhalten. Darüber sind wir außerordentlich traurig. Trotzdem wollen wir an dieser Stelle auch auf eine sehr spannende und erfahrungsreiche Zeit zurückschauen, für die wir von Herzen dankbar sind.

Alles fing 2018 an, mit Lukas Kunert, Ruben Rögels, Falk Zientz und der Finanz-Mathematikerin Daria Urman. Sie gründeten elinor zur peer-to-peer Absicherung als solidarische Alternative zu Versicherungen. Doch die Nachfrage entwickelte sich anders, als erwartet: Die Fridays for Future Aktivist*innen haben 2019 die Plattform positiv zweckentfremdet, um gemeinschaftlich ihre Gelder zu verwalten. Schlagartig wurde uns klar, dass genau solche Gruppenkonten einen echten Bedarf decken könnten. Tatsächlich kamen schnell weitere Gruppen hinzu, die über elinor gemeinsame Projekte und Ideen realisierten. Darum bündelten wir unsere Ressourcen für ein Relaunch, so dass die elinor Plattform ab 2021 auf Gruppenkonten spezialisiert war. Über die Umsetzung im deutschen Rechtsrahmen waren wir von Anfang an mit der Bankenaufsicht (BaFin) im Austausch. Nach eingehender Prüfung stimmte uns diese in allen Punkten zu. Damit hatten wir das erste digitale Gruppenkonto für Projekte und Initiativen in Deutschland geschaffen! Mit viel Leidenschaft entwickelten wir elinor weiter. Unsere Community ist gewachsen, genauso wie unser Team, und wir durften immer wieder eure Dankbarkeit spüren, weil wir es geschafft haben, für Initiativen wie euch eine große Hürde abzubauen.
Es war sehr bereichernd und motivierend zu sehen, wie viele Menschen sich zu Gemeinschaften zusammenschließen, um Projekte umzusetzen, aktiv an unserer Gesellschaft mitzuwirken und einen Wandel anzustoßen. Dabei langen uns auch besonders die kleinen zarten und sich noch im werden befindenden Initiativen besonders am Herzen, denn gerade sie brauchen ein förderndes und ermöglichendes Umfeld.

Zwischendurch haben wir eigene Initiativen gestartet, teilweise mit großer öffentlicher Aufmerksamkeit: Am ersten Tag des Lockdowns im März 2020 riefen wir die #KunstNothilfe ins Leben, um betroffene Kunst- und Kulturschaffende zu unterstützen. Mehr als 500 Menschen machten ad hoc mit, lange bevor die öffentliche Hand darüber nachdachte. 2022 starteten wir am ersten Tag des russischen Angriffs auf die Ukraine ohne zu zögern das Projekt #Unterkunft Ukraine, eine digitale Bettenbörse für ukrainische Geflüchtete. Daraus wurde die bislang größte zivilgesellschaftliche Initiative dieser Art. Beide Initiativen lösten eine riesige öffentliche Resonanz aus und brachten damit auch weitere Aufmerksamkeit für die Gruppenkonten. Solche Projekte stellten unser kleines Team vor großen Herausforderungen, doch sie zeigten gleichzeitig, wie wertvoll eine solche agile Plattform gerade in Krisensituationen sein kann. Durch Kooperationen mit Ministerien und Berichten auf den besten Sendeplätzen sahen wir das bestätigt.

Ihr könnt euch bestimmt vorstellen, wie sehr es uns nun trifft, dass wir unsere Ermöglichungsplattform nicht mehr zur Verfügung stellen können. Für uns ist es nicht nur eine Firma, die wir aufgeben müssen, sondern auch unsere Ideen, unsere Wünsche für Gemeinschaften und Gruppen, ein wunderbares Team und eine große Portion Idealismus dahinter.
Wir sind besonders traurig darüber, dass unsere Idee an vielen Stellen befürwortet wird, wir jedoch wegen eng ausgelegten Regularien und politischem Druck keine Möglichkeit mehr haben, unseren Betrieb aufrecht erhalten zu können.

Darum ist es für uns Zeit, tschüss zu sagen. Unser großes Herzensthema bleibt weiterhin, Gemeinschaft zu leben und dafür passende Formen zu entwickeln. Scheitern gehört immer wieder dazu und kann Entwicklung und Solidarität auslösen. In diesem Sinne danken wir allen, die uns an unterschiedlichen Ecken und Enden unterstützt und mit uns mitgefiebert haben. Mit euch haben wir erlebt, was gemeinschaftlich möglich ist. Lasst uns das weitertragen.

Euer elinor Team

Chiara, Bonina, Ruben, Calvin, Guida, Richard, Anne, Falk und Lukas

 


Wir brauchen eure Solidarität!

elinor muss seine Arbeit einstellen. Das geht nicht ohne Aufwand, vor allem für Rechtskosten, Jahresabschlüsse und die letzten Gehälter. Hier könnt ihr euch daran solidarisch beteiligen:

oder alternativ per Überweisung an das folgende Konto:

  • Kontoinhaber: elinor Treuhand e.V.
  • IBAN: DE37430609677918887704
  • BIC: GENODEM1GLS

Vielen Dank!

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